N26 Valentin Stalf im Interview: Die neue Strategie der Digitalbank – Geschäftskonten ab 2017
Kaum eine Woche, in der die neue Bank N26 (ehemals das FinTech number26) keine neue bedeutsame Meldung, Kooperation oder ein Skandälchen zu bieten hat. Im News-Dauerfeuer stellt sich Valentin Stalf, CEO der neugebackenen Bank, unseren Fragen rund um Altlasten und neue Pläne der N26. So viel vorab: Die Berliner haben für das nächste Jahr noch einige Überraschungen auf Lager.
Herr Stalf, wie viele der ursprünglich 500 gekündigten Kunden sind denn jetzt wieder oder noch number26-Kunden? Haben sie mit sich reden lassen?
Die Kunden wurden mit einer ordentlichen Kündungsfrist von 2 Monaten gekündigt, daher sind heute noch alle Kunden bei uns. Darüber hinaus haben wir allen das Angebot gemacht, wenn sie unserer Fair-Use-Policy zustimmen, auch weiterhin bei uns ein Konto zu haben. Dieses Angebot haben schon über 30% der betroffenen Kunden genutzt.
Wie sieht die Fair-Use-Regelung in der Praxis aus? Gibt es eine Anzeige in der App, wie nah man an einer Kündigung ist, oder wie muss man sich das vorstellen?
Mit der Fair Use Policy geben wir unseren Kunden den Rahmen, in dem sie unser Produkt nutzen können. Das bedeutet, sie können kostenlos und unbegrenzt Bargeld über das Cash26 Retail-Netzwerk bei über 6.000 Einzelhandelspartnern in ganz Deutschland beziehen. Sozusagen unser eigenes “ATM Netzwerk”. Da wir dafür allerdings den Einzelhandel benutzen, reduzieren wir substanziell die Systemkosten und müssen diese nicht auf die Kunden umlegen wie andere Banken. Darüber hinaus ermöglicht die Fair Use Policy monatlich 5 kostenfreie Abhebungen am Geldautomaten, danach kostet die Abhebung an jedem ATM 2 €, ein aus unserer Sicht fairer Preis. Mit der Fair Use Policy orientieren wir uns am Verhalten unserer Nutzer.
Und woher weiß der Nutzer, wie “fair” er sich gegenüber der Bank verhält? Gibt es irgendwo eine transparente Anzeige, die ihn informiert? Die Regelung ist recht komplex und nicht jeder wird seine Daten im Kopf haben.
Die Regelung ist nicht komplex. Wichtig ist, dass alle Kunden so häufig wie sie wollen kostenfrei mit Cash26 abheben können. Wie oft der Kunde im jeweiligen Monat noch kostenlos am Geldautomaten abheben kann, wird zum einen direkt in der App angezeigt. Zusätzlich werden Kunden unmittelbar per Push-Notification darüber informiert, wenn sie nur noch zwei Mal oder seltener kostenfrei am Automaten abheben können.
Sie haben den Claim “Einfach, kostenlos und überall” in “Einfach, transparent und überall” geändert.
Heißt das, dass Sie nun doch so langsam zu einer zwar sehr modernen, aber doch “normalen” Bank werden, die von den Gebühren der Kunden leben muss?
Nein, wir sind grundsätzlich anders als traditionelle Banken am Markt. Viele Banken reduzieren sich heute auf ihr Pricing. Unser Produkt ist allerdings viel mehr. Unsere Kunden haben die modernste mobile Experience in Europa, können ihr Bankgeschäft mit wenigen Klicks erledigen und bekommen über unsere Plattform immer die besten Produkte zu transparenten und fairen Preisen. Unser Geschäftsmodell hingegen hat sich nicht geändert. Wir haben unser Unternehmen mit einer schlanken Organisationskultur auf einer sehr gut skalierbaren Technologiebasis aufgebaut. Wir kooperieren mit ausgewählten Partnern, einigen der innovativsten FinTech-Unternehmen der Welt, aber in Zukunft auch traditionelleren Banken, um unseren Kunden die besten Produkte auf unserer mobilen Plattform mit einem Klick anzubieten. Wir können so substanziell und langfristig eine bessere Preis-Leistung anbieten.
Aber die Zeiten des “kostenlos”-Banking sind (auch bei Ihnen) vorbei?
Unser Produkt ist auch weiterhin kostenlos. Das Konto ist einfacher, schneller und komplett als App auf dem Smartphone verwendbar. Vor allem deswegen kommen die Kunden zu uns, nicht nur aufgrund der Kosten.
Wir sprachen bereits im Februar von einigen tiefgehenden Neuerungen – so zum Beispiel, dass number26 zu einem Banking-Hub werden soll. Wie wird das aussehen? Mit welchen neuen Features können Kunden in nächster Zeit rechnen?
Den ersten Schritt haben wir ja schon gemacht mit unserem Dispositionskredit und den internationalen Überweisungen, die mit der TransferWise-Technologie im Hintergrund abgewickelt werden. Letzte Woche haben wir mit N26 Invest das erste Investment Produkt gestartet. Demnächst folgen Produkte in den Bereichen Sparen, Konsumentenkredite und Versicherungen.
Heißt das, Sie werden wirklich alle Bankleistungen in digital abbilden? In welchem Zeitraum wird number26 dann zu einer vollständigen Bank?
Noch dieses Jahr werden wir die wichtigsten Produkte wie Sparen, Investieren, Kredite und Versicherungen anbieten. Die Priorisierung nehmen wir immer anhand der Nachfrage bei unseren Kunden vor.
Betrifft das auch das Privat- und Geschäftskunden-Geschäft?
Heute bieten wir ausschließlich ein Girokonto für Privatkunden an. Wenn man sich allerdings den Markt für Geschäftskunden ansieht, stellt man schnell fest, dass dort richtig abgezockt wird und es keine fairen und transparenten Produkte gibt.
Wir werden daher wahrscheinlich 2017 ein Produkt für Geschäftskunden bringen.”
Ausgaben und Einnahmen automatisch zu TAGen ist eine clevere Sache. Wird es denn bald ein vollständiges PFM geben, bei dem alle Ausgaben automatisch getagged werden? Was wird man mit dem Tag-Modell noch alles automatisieren können?
Schon jetzt werden bei N26 alle Kartenausgaben in Kategorien eingeteilt. Die Tags werden automatisch vergeben.
Im Hintergrund arbeiten wir dafür mit maschineller Intelligenz, unsere Systeme werden über die Zeit immer genauer und lernen mit, falls der User etwas korrigiert.”
Sie haben vor wenigen Wochen ein erstaunliches Investment von 40 Millionen Dollar erhalten. Was haben Sie mit dem Geld nun genau vor?
In dieser Finanzierungsrunde haben wir es geschafft, einige der weltweit führenden Investoren zu gewinnen. Sie bringen die nötigen finanziellen Mittel und Netzwerke mit und ermöglichen uns, über die nächsten Jahre die europäische Bankenlandschaft nachhaltig zu verändern. Zum einen werden wir weiter in unsere geografische Expansion investieren, um Nutzern in ganz Europa besseres mobiles Banking zu bieten – transparent und zu fairen Preisen. Außerdem werden wir unsere Plattform für Produkte ausbauen und unseren Kunden so die besten Innovationen der Welt mit einem Klick zugänglich machen.
Dem Handelsblatt sagten sie, das 500 Kunden “nur” 0,2 Prozent aller Kunden gewesen seien. Das heißt, Sie haben aktuell bereits 250.000 Kunden?
Wir haben über 200.000 Kunden, eine genaue Zahl veröffentlichen wir nicht.
In einem Jahr diese große Anzahl an Kunden zu gewinnen, ist eine beachtliche Leistung – werden Sie das Tempo halten können? Oder anders gefragt: Wenn wir in einem Jahr wieder miteinander sprechen, haben Sie dann bereits die halbe Million-Kunden-Grenze geknackt?
Natürlich wäre das sehr schön und wir sind seit unserem Launch immer schneller gewachsen. Dennoch wage ich keine konkreten Zahlen für die Zukunft zu nennen.
Hätte man mir im Januar 2015 gesagt, dass wir nach nicht einmal 1,5 Jahren bereits über 200.000 haben, hätte ich das selbst nicht geglaubt.”
Herr Stalf, vielen herzlichen Dank!aj
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