ARCHIV27. Juni 2023

NFC-Forum plant erweiterte Reichweite und SoftPOS-Feature bei der NFC-Schnittstelle

Rido81 / Bigstock

Das NFC-Forum hat seine Technologie-Roadmap veröffentlicht, die einige aufregende Verbesserungen enthält und sich auf die Zeit bis 2028 bezieht. Dazu gehört eine erweiterte Ladelösung und eine größere Reichweite für kontaktlose Payment-Lösungen. Wichtig für die Payment-Wirtschaft ist auch eine Anwendung zur Device-to-Device-Kommunikation, die Soft-POS-Kassenlösungen ermöglichen könnte. Alles in allem ein Schritt in die richtige Richtung – sofern es den Hardwareherstellern gelingt, entsprechende Lösungen flächendeckend an den Markt zu bringen und die Endgeräte darauf auszurichten.

In der Zeit nach der Pandemie ist kontaktloses Bezahlen für viele Verbraucher zum Standard geworden. Allerdings ist das, was wir da tun, bei genauerem Hinsehen nicht wirklich „kontaktlos“. Man muss die Karte oder das Gerät mit dem NFC-Chip immer noch sehr nah an das Terminal halten oder sogar genau darauf legen, weil das Gerät in vielen Situationen nicht ausreichend lang ruhig in gleichbleibender Entfernung (von immerhin unter fünf Millimetern!) gehalten wird. Das könnte sich jedoch bald ändern, wenn es nach dem NFC-Forum geht.

Das NFC-Forum ist ein Konsortium, zu dem insgesamt rund vierhundert Unternehmen von Apple, Google, Qualcomm, Huawei, Infineon und Sony, aber auch Finance Companies und Kartenherausgeber von Visa bis Mastercard gehören. Sie alle haben ein gemeinsames Interesse daran, dass die Lösungen für alle Teile der Bevölkerung einfach zu handhaben sind und fehlerfrei funktionieren.

Ein langjähriges Problem ist die geringe Reichweite des NFC. Diese soll gemäß der neuen Roadmap erweitert werden. Denn die bisherige Reichweite von fünf Millimetern, die unter idealen Bedingungen nur schwer zu erreichen ist, soll auf das Vier- bis Sechsfache, also maximal drei Zentimeter, erhöht werden. Selbst eine bescheidene Erhöhung der Reichweite würde kontaktlose Transaktionen und Aktionen schneller und einfacher machen und die Benutzerfreundlichkeit entscheidend verbessern, da weniger Genauigkeit bei der Ausrichtung der Antenne erforderlich wäre.

Ist das damit anfälliger für Betrugsszenarien, die darauf basieren, dass Empfänger in der Nähe der Personen die Zahlungsdaten abgreifen? Möglicherweise – und es bleibt abzuwarten, ob eine erhöhte Reichweite dazu führen könnte, dass Kunden regelrecht bestohlen werden. Dennoch ist das ein Szenario, für das es gegebenenfalls Schutzvorkehrungen geben wird, um dieser Gefahr entgegenzuwirken.

Mehrzweck-Tap für Verknüpfungen von Tasks

leungchopan/bigstock.com

Doch das ist nicht die einzige Neuerung, die dem NFC-Forum im Rahmen ihrer jetzt vorgelegten Roadmap vorschwebt. Zu den fünf wichtigsten Innovationsprioritäten gehören auch die höhere Leistung für das drahtlose NFC-Laden. Denn die aktuelle Spezifikation für das kabellose NFC-Laden sieht gerade mal eine eine Leistung von bis zu 1 Watt vor. Dagegen soll die Leistung auf bis zu 3 Watt erhöht werden. Diese Änderung betrifft die kabellose Energieversorgung und das kabellose Laden in neuen und kleineren Formfaktoren, ist somit eher ein Industriethema. Hinzu kommt, dass andere Technologien von Qi2 über Magsafe bis hin zu proprietären Lösungen von Oppo und Huawei deutlich weiter und leistungsfähiger sind.

Interessanter aus Payment- und Finance-Sicht ist da schon der geplante Mehrzweck-Tap. Diese Funktion soll die Benutzerfreundlichkeit von kontaktlosen Systemen verbessern, indem sie mehrere Aktionen mit einer einzigen Berührung ausführt – etwa bei Identifizierung von Kunden, Zugangskontrolle, Zuordnen bestimmter Bestellungen oder auch gleichzeitiger Abwicklung von Zahlung und Freigabe der Ware.

Wenn jedes NFC-Device zum SoftPOS wird

Noch relevanter im Payment-Sektor wird aber die Modernisierung der Device-to-Device-Kommunikation sein. Diese wurde entwickelt, um NFC-fähige Smartphones in die Lage zu versetzen, Point-of-Sale-Funktionen (SoftPOS) zu nutzen, die es Unternehmen oder Privatpersonen ermöglichen, überall Zahlungen zu empfangen. Ein weiterer Punkt betrifft die Erweiterung der NFC-Fähigkeit zur gemeinsamen Nutzung von Datenformaten, wobei es um den Austausch von Daten über die Zusammensetzung und die Recycling-Möglichkeiten eines Produkts via NFC geht – eher ein logistisches als ein Finanzunternehmen betreffendes Thema.

Was davon tatsächlich bis 2028 im Markt ankommt, bleibt abzuwarten und hängt sicherlich vor allem von den Dingen ab, die vor allem Google und Apple als Betriebssystemverantwortliche, aber auch Visa und Mastercard als Kartenherausgeber planen. Spannend aus unserer Sicht ist neben der Signalerweiterung vor allem die Soft-POS-Fähigkeit.

„Das exponentielle Wachstum der NFC-Technologie ist ein Beweis für das vorausschauende Denken unserer Mitglieder und ihr unermüdliches Engagement für Innovationen“, erklärt Mike McCamon, Executive Director des NFC-Forums.

Mit der zunehmenden Verbreitung der NFC-Technologie in unserem Alltag haben unsere geplanten Funktionen das Potenzial, die Art und Weise, wie wir bezahlen und Zahlungen empfangen, mit unseren Lieblingsmarken in Kontakt treten und unsere Geräte mit Strom versorgen, erheblich zu verbessern.”

Mike McCamon, Executive Director des NFC-Forums

Reform der NFC-Schnittstelle: Vieles noch nicht in Stein gemeißelt

Insofern ist es gar nicht verkehrt, dass sich der Zeitrahmen für dieses Projekt über einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren erstreckt – schließlich wird gerade im Hinblick auf die dafür notwendigen Empfangsgeräte und die B2B-Hardware auf lange Sicht geplant. Das NFC-Forum macht aber auch deutlich, dass bei den einzelnen Entwicklungsschritten und den damit verbundenen Spezifikationen in vielerlei Hinsicht das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.

Die Ausarbeitung in den Komitees, Arbeitsgruppen und Special Interest Groups des NFC-Forums habe gerade erst begonnen – und alle Mitglieder seien aufgefordert, sich in jeder Phase zu beteiligen. Das NFC-Forum will jedenfalls sicherstellen, dass sein Arbeitsprogramm andere Brancheninitiativen ergänzt. Letzten Endes wird es aber vor allem darum gehen, was davon Apple und Google im Rahmen ihrer mobilen Betriebssysteme für sich und die Kunden übernehmen und mit welcher Vehemenz entsprechende Lösungen in den Markt gebracht werden. Denn prinzipiell sind solche Standards und Reformen kaum das Papier wert, auf dem sie stehen, wenn nicht die großen Marktteilnehmer mitziehen. tw

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