STUDIEN & UMFRAGEN9. Mai 2023

Privatkundengeschäft im Aufwind: Großes Wachstumspotenzial für Regionalbanken

dolgachov/Bigstock

Eine neue Simon-Kucher-Studie zeigt, dass sich Wachstumsmöglichkeiten für Banken nach Ende der Niedrigzinsphase ergeben können. Insbesondere der deutsche Privatkundenmarkt bleibt äußerst heterogen mit Blick auf Marktsegmente und mögliche Geschäftsmodelle, vor allem im Kontext der Digitalisierung. Die Studie identifiziert hier vier Kundensegmente, neben „Vermögenden Finanzprofis“, „Aufstrebende Anleger“, „Risikoscheue Interessierte“ und „Konservative Verwahrer“. Klar ist, dass sich das Einlagengeschäft speziell für die Regionalbanken zum absoluten Schlüsselfaktor für künftiges Wachstum im Privatkundengeschäft entwickelt.

Die aktuelle Studie der globalen Strategieberatung Simon-Kucher zum Privatkundengeschäft zeigt, dass sich das Kundenverhalten nach fast zehn Jahren Zinsabstinenz deutlich verändert hat. Die Digitalisierung ist weiter vorangeschritten und auch das Filialgeschäft hat seinen Charakter (und seine Intensität) verändert: Neue Medien und Wettbewerber sind im Bewusstsein fast aller Privatkunden angekommen und fester Bestandteil der Entscheidungsfindung geworden. „Trägheitsannahmen früherer Jahre, insbesondere im Einlagengeschäft, sollten demnach nur mit äußerster Vorsicht auf künftige Verhaltensprognosen der eigenen Kundschaft übertragen werden“, sagt Steffen Ulitzka, Partner im Bereich Regionalbanken bei Simon-Kucher.

Eindeutige Kundensegmente identifizierbar

Innerhalb der untersuchten Stichprobe lässt sich eine zunehmende Relevanz neuer Medien erkennen. Mithilfe statistischer Verfahren wurden im Rahmen der Studie vier Kundensegmente identifiziert: „Vermögende Finanzprofis“, „Aufstrebende Anleger“, „Risikoscheue Interessierte“ und „Konservative Verwahrer“. Diese weisen ein Entscheidungsverhalten hinsichtlich Finanzdienstleistungen auf, welches sich über den gesamten Kaufzyklus, angefangen bei der Informationssuche bis zum Nutzungsverhalten, teilweise erheblich unterscheidet.

Es besteht die klare Notwendigkeit einer differenzierten Marktbearbeitung. Die in vielen Banken an soziodemografischen Kriterien vorgenommene Markt- und Kundensegmentierung lässt erkennen, dass in manchen Segmenten ein vorhandener Bedarf noch nicht ausreichend adressiert wird.

So verfügt das Segment der ‚Risikoscheuen Interessierten‘ durchaus über Interesse am Wertpapiergeschäft, jedoch geben nur etwas mehr als 30 Prozent dieser Kunden an, jemals zu diesem Thema angesprochen worden zu sein.”

Steven Kiefer, Director im Bereich Regionalbanken bei Simon-Kucher

Das Einlagengeschäft wird in Zukunft für die Bearbeitung der Segmente von großer Bedeutung sein. Dies gerade deshalb, weil diese Produktkategorie von fast allen Segmenten in ähnlichem Umfang, aber mit völlig unterschiedlichen Bedürfnissen und Erwartungen genutzt wird.

Ebenso zeigt die Erfahrung, dass Einlagen ein klassisches ‚Fremdgehprodukt‘ abseits der eigenen Hausbankbeziehung darstellen, welches von neuen Wettbewerbern vergleichsweise einfach zur Neukundengewinnung eingesetzt werden kann. Nahezu jeder dritte Regionalbankkunde gibt beispielsweise an, eine bestehende Zweitbankverbindung hauptsächlich für die Verwaltung von Einlagen zu nutzen.”

Steffen Ulitzka, Partner im Bereich Regionalbanken bei Simon-Kucher

Entscheidung zu Einlagenprodukten nicht rein rational

Gerade das Entscheidungsverhalten bei Einlagenprodukten folgt nur selten streng rationalen Regeln, wie die Studie zeigt. Viel stärker als das Streben nach einer möglichst hohen Rendite dominieren in fast allen Segmenten abstrakte Sicherheitsbedürfnisse das Kundenverhalten. Der Preis bleibt als alleiniges Entscheidungskriterium, wenn diese Bedürfnisse nicht adressiert werden. Gerade im Bereich der digitalen Services können sich hier Chancen ergeben: Für innovative Konzepte im Einlagengeschäft besteht eine enorme Zahlungsbereitschaft, die gerade von Regionalbanken noch deutlich stärker abgeschöpft werden könnte. Oder anders formuliert: Die digitalen Lösungen, die von Direktbanken, FinTechs und Digitalkonzernen angeboten werden, könnten auch im regionalen Umfeld bespielt werden – unter der Voraussetzung, dass es den Banken gelingt, diese Lösungen hier zu implementieren.

Aufgrund der gestiegenen Markttransparenz dürfte dies in Zukunft gar eine zwingende Anforderung darstellen. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Einlagengeschäft nicht zur Kannibalisierung, sondern zur Förderung des Wertpapiergeschäftes eingesetzt werden soll. Ebenso wie bei Einlagen zeigt die Studie auch hier eine klare Präferenz der Kundschaft zu alternativen Preismodellen im Wertpapiergeschäft.”

Steven Kiefer, Director im Bereich Regionalbanken bei Simon-Kucher

Hierzu wurden 2.000 Finanzentscheider in einer repräsentativen Erhebung zu ihrem Kauf- und Entscheidungsverhalten befragt. Der Fokus der Studie lag auf allen relevanten Produktfeldern im Privatkundengeschäft mit Ausnahme des Kreditbereiches. Die Studie „Privatkundengeschäft 2023“ gibt es allerdings nur auf Anfrage. tw

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