Das Fidor-Aus 2023 war für FinTech- und Neobank-Enthusiasten in Deutschland ein herber Schlag im Februar dieses Jahres, denn mit ihr geht eines der Urgesteine der Deutschen FinTech-Branche. Doch auch sonst hat sich im letzten Jahr einiges auf dem Markt getan: Von Digitalbank-Pleiten, Neugründungen bis hin zur Penta-Übernahme durch den französischen Konkurrenten Qonto war alles dabei. IT Finanzmagazin hat deswegen die Neobanken-Marktübersicht auf den aktuellen Stand gebracht.
Neobanken sind Online-Direktbanken, die das Konzept traditioneller Banken angreifen, indem sie auf Filialen verzichten, ihre Kunden über Mobile-Banking bedienen und auf neue Technologien wie künstliche Intelligenz (bzw. maschinelles Lernen) setzen.”
Auch wenn Neobanken heute praktisch zum Alltag der Finanzbranche gehören, sind sie in vielen Fällen weiterhin Vorreiter, wenn es um Digitalisierung und Innovation geht. Und klassische Institute bemühen sich stets, diese Lücke zu schließen. Die vergangenen Jahre haben jedoch auch gezeigt, dass die Startups in so mancher Hinsicht noch etwas von den etablierten Banken lernen könnten. So hat zum Beispiel der Global Neobaking Radar von Simon Kucher & Partners im vergangenen Jahr gezeigt, dass nur 5 % der Neobanken weltweit profitabel operieren. Als Folge sind Übernahmen und Insolvenzen in der Branche keine Seltenheit.
Nuri, Fidor und Co.
Ein prominentes Beispiel ist die Firmenpleite von Nuri. Das verheißungsvolle FinTech wurde 2015 unter dem Namen “Bitwala” gegründet und 2021 im Rahmen eines tiefgehenden Rebrandings in Nuri umbenannt. Schwerpunkt des Unternehmens lag auf dem Krypto-Handel. Der Kurseinsturz im vergangenen Sommer legte Nuri dann so schwer zu, dass es wenig später das Insolvenzverfahren einleiten musste.
Und auch scheinbar etablierte FinTechs wie die Münchner Fidor Bank sind nicht außenvor. Nach einem gescheiterten Verkaufsversuch von Seiten des Mutterkonzerns, der französischen BPCE, wurde im Februar die Geschäftseinstellung für dieses Jahr angekündigt (den vollständigen Beitrag zum Thema finden Sie hier).
Ebenso erwähnenswert ist die Übernahme von Penta durch Qonto. Die Neobank wurde im Sommer 2022 aufgekauft und soll bis Ende 2023 zu 100 % in die Marke Qonto integriert werden. Vom ursprünglichen FinTech soll keine Spur bleiben (mehr hier).
Übersicht der gescheiterten Neobanken
IT Finanzmagazin
Neobank
Beschreibung
Artikel
- Start der App: 2015 - Smartphone-Konto der Wirecard Bank - Kontoführendes Institut: Wirecard Bank - Oktober 2020 eingestellt
- Gründungsjahr: 2003 als Kölsch Kröner & Co AG/
2009 als Fidor Bank AG - Konto stand sowohl Privat- als auch Geschäftskunden offen - CRR-Kreditinstitut - Deutsche IBAN - 2023 eingestellt
- Gründungsjahr: 2001 - Firmensitz in Amsterdam - Ausschließlich in Deutschland und den Niederlanden tätig - Kontoführendes Institut: Solarisbank - Gehörte der ABN AMRO Bank N.V. - 2021 eingestellt
- Gründungsjahr: 2015 als Bitwala, 2021 in NURI umbenannt - Ausgelegt auf den Handel mit Kryptowährungen - Ertragskonto mit Zinsen für Bitcoins - Kontoführendes Institut: Solarisbank - Deutsche IBAN - Ende 2022 eingestellt
Neben neuen Logos und aktualisierten Websites finden sich auch einige neue Neobanken in der diesjährigen Marktübersicht wieder. So versucht sich zum Beispiel Benker mit einem Blockchain-basiertem Bankkonto. Die Digitalbank aus Litauen wurde 2022 als E-Geldinstitut zugelassen und setzt auch ein Blockchain-Kernsystem ein, um Kunden volle Transparenz und Kontrolle über ihr Geld zu gewährleisten (mehr dazu in einem Interview hier).
Positiv ist auch die Tatsache, dass Neobanken sich immer stärker diversifizieren und in neue Märkte vorstoßen. Konzentrierten sie sich am Anfang noch hauptsächlich auf Basis-Banking-Dienstleistungen, setzen jetzt immer mehr zusätzlich auf Anlagelösungen (mehr dazu hier) oder Bancassurance. Ein Beispiel dafür sind die (jetzt vereinten) Unternehmen Qonto und Penta. Beide Neobanken setzten vor der Übernahme Versicherungslösungen für ihre Kunden mit insureQ direkt auf der eigenen Plattform um (mehr hier).
Übersicht der Neobanken im deutschen Markt 2023
Neobank
Beschreibung
Die Neobanken
bei ITFM
- Firmensitz in Genf - Gründungsjahr: 2019 - Erste digitale Privatbank der Schweiz - In der Schweiz zugelassen und durch FINMA reguliert - Kunden erhalten vier Konten in vier Währungen (CHF, EUR, USD, GBP) unter einer einzigen IBAN
- Firmensitz in Malta - Gründungsjahr: 2019 - Banking-App mit integriertem Kryptoservice - Als elektronisches Geldinstitut bei der maltesischen Finanzaufsicht zugelassen - Maltesische IBAN
- Firmensitz in Amsterdam - Gründungsjahr: 2012 - Setzt auf Nachhaltigkeit, Datenschutz und Sicherheit - CRR-Kreditinstitut (Wikipedia) in den Niederlanden - Deutsche IBAN
- Firmensitz in Bonn und Dortmund - Gründungsjahr: 2019 - Geschäftsbank für Selbstständige, Freelancer und Unternehmer - Tochtermarke der Postbank - Kontoführendes Institut: Deutsche Bank/Postbank - Deutsche IBAN
Mit der FYRST Card können Kunden die Automaten der CASH Group und die Filialen der Postbank nutzen, um Geld abzuheben und einzuzahlen.
- Firmensitz in Helsinki - Gründungsjahr: 2008 - Spezialisiert auf digitales Banking für Selbstständige - Als finnisches Zahlungsinstitut europaweit zugelassen - Deutsche IBAN
Ziel von Holvi ist es einen Banking-Service anzubieten, der Finanzverwaltung und Geschäftskontoführung für Selbstständige vereinfacht.
- Firmensitzin Berlin - Gründungsjahr: 2018 - Verknüpft Islamic Banking und Mobile Banking - Nutzt die API-Banking-Plattform der Solarisbank - Gehört zur Al Bakara Banking Group - Kontoführendes Institut: Solarisbank (in Deutschland) - Deutsche IBAN
- Firmensitz in Stockholm - Gründungsjahr: 2005 - Unternehmensbewertung von 6,5 Milliarden US-Dollar - Kerngeschäft ist die Zahlungsabwicklung im E-Commerce - Ist im Besitz einer schwedischen Banklizenz - Bietet seit Februar 2021 ein kostenloses Girokonto - Deutsche IBAN
- Firmensitz in Berlin - Gründungsjahr: 2016 - Hauptaugenmerk auf Banking für Selbstständige und
Freelancer - Nutzt die Banking-as-a-Service Plattform der Solarisbank - Kontoführendes Institut: Solarisbank - Deutsche IBAN
Kontist bietet ein Geschäftskonto an, das automatisch zu entrichtende Steuern berechnen kann.
- Firmensitz in London - Gründungsjahr: 2015 - 2 Mio. Kunden - stand 2020 - Möglichkeit der Eröffnung von Konten in
verschiedenen Währungen - Kontoführendes Institut: PPS EU SA - Belgische IBAN
- Firmensitz in Berlin - Gründungsjahr: 2013 - 8 Millionen Kunden - stand 2022 - Nennt sich selbst „die mobile Bank" - CRR-Kreditinstitut (Wikipedia) - Deutsche IBAN
- Firmensitz in Madrid - Gründungsjahr: 1995 - 1,7 Mio. Kunden - stand 2023 - Gehört zur Santander-Gruppe - Besitzt spanische Banklizenz - Spanische IBAN
- Firmensitz in Vilnius - Gründungsjahr: 2004 - Über 700.000 Kunden - stand 2023 - Weltweit verfügbar - Kontoführendes Institut: Bank of Lithuania - Litauische IBAN
- Firmensitz in Paris - Gründungsjahr: 2016 - Über 220.000 Kunden - Auf Geschäftskonten für Selbstständige, Freiberufler und
Unternehmer spezialisiert - Besitzt eine Banklizenz der Banque de France - Deutsche IBAN
- Firmensitz in London - Gründungsjahr: 2015 - Über 25 Millionen Kunden - nach eigenen Angaben - „spezialisierte Banklizenz“ - Litauische IBAN (oder GB-IBAN)
Revolut hat eine sogenannte „spezialisierte Banklizenz“ der litauischen Bankenaufsicht, mit der das Unternehmen Einlagen annehmen und Kredite vergeben kann.
- Firmensitz in Luxemburg - Gründungsjahr: 2012 - Über 470.000 Kunden - nach eigenen Angaben - Bietet anders als die meisten Neobanken Lastschriften - Als Zahlungsinstitut in Luxemburg zugelassen - Luxemburger IBAN
- Firmensitz in Berlin - Gründungsjahr: 2016 - Bezeichnet sich selbst als „Tech-Unternehmen mit Banklizenz“ - Bietet kein eigenes Konto sondern eine Banking-as-a-Service Plattform - CRR-Kreditinstitut - 2022 Umbenennung von Solarisbank in Solaris
- Firmensitz in Hamburg - Gründungsjahr: 2018 - 115.000 kunden - stand 2022 - Motto: „Mobile Banking für ein besseres Morgen“ - Ziel: Nachhaltigkeit und ein positiver Einfluss auf die Umwelt - Nutzt die Banking-as-a-Service Plattform der Solarisbank - Kontoführendes Institut: Solarisbank - Deutsche IBAN
- Firmensitz in London - Gründungsjahr: 2011 als Transferwise, 2021 in Wise umbenannt - Über 9 Mio. Kunden - Spezialisiert auf den Währungstausch - Kostenlose Konten in bis zu 50 Währungen - Kontoführendes Institut: Barclays Bank - Belgische IBAN
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