Wir sind die digitalste Bank – Doppelinterview mit den Geschäftsführern der SWK Bank
FinTechs gibt es seit etwa 2013 – Banken schon viel länger. Doch auch Banken können wie FinTechs sein. Die SWK Bank mit ihren 120 Mitarbeitern sei nicht nur älter als FinTechs, sondern auch die digitalste Bank in Deutschland, sagen die SWK-Bank-Vorstände Ulf Meyer und Michael Moschner im IT Finanzmagazin-Interview.
Sie sagten, die SWK Bank sei die digitalste Bank Deutschlands. Wie kommen Sie denn darauf?
Ulf Meyer: Wir glauben, dass wir mit dem Couchkredit, über den Sie ja auch schon berichtet haben, zu den digitalsten Banken Deutschlands gehören, weil nicht nur die Anwendung vorne für den Kunden sondern auch im Backend und unserer Middleware sowie unseren Prozessen voll digital abläuft.
Das heißt, im Prinzip können wir einen Kredit vollkommen ohne menschliches Zutun auszahlen. Das tun wir im Moment noch nicht vollständig, weil wir dieses Thema noch ein bisschen beobachten.”
Mit dem Start des Couchkredites wollen wir schauen, was für eine Klientel kommt. Auch: Wie reagieren die Systeme. Aber vom Digitalisierungsgrad her könnten wir heute scharf schalten, so dass wir direkt von der Eingabe bis zur Kredit-Genehmigung und Auszahlung das ganze Thema komplett digital haben.
Und wir kennen im Moment keine Bank in Deutschland, die das genauso abbilden kann.”
Michael Moschner: Im Übrigen arbeiten wir zum Beispiel schon seit über 20 Jahren mit elektronischen Archiven. Das erlaubt es uns, die Kundenakte aktuell am Bildschirm zu haben.
Aber unsere Bank hat die Digitalisierung schon begonnen, als es das Wort ‘Digitalisierung’ noch gar nicht gab. API-Banking ist eine Sache, die wir seit 2001 machen – also auch schon seit über 15 Jahren.”
Und jetzt kommen Banken und sagen, sie machen API-Banking und jeder könnte sich daran anknüpfen. Diese Dinge machen wir schon, wie gesagt, seit über einem Jahrzehnt.
Warum ist das so nicht bekannt?
Ulf Meyer: Wir sind Mitglied im Bankenfachverband und stehen im intensiven Austausch mit allen Wettbewerbern, mit denen wir so am Markt unterwegs sind. Ich glaube, in der Branche ist das schon bekannt. In der breiten Öffentlichkeit ist es aber noch nicht bekannt, weil wir viele Kooperationen mit Partnerbanken fahren, denen wir den Brand überlassen.
Aber wenn wir einen Brand-Aufbau als SWK Bank machen würden, dann wären wir nicht so erfolgreich in der Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern.”
Es gibt zwei unterschiedliche Wege bei uns. Der eine Weg: Ein Kooperationspartner vermittelt uns das Geschäft. Der andere: Wir machen das Geschäft als Outsourcing-Partner für den Kooperationspartner – dann sind wir komplett White-Label-Bank.
Michael Moschner: Das ist eine Seite. Unser Gespräch mit Ihnen ist aber auch unsere Reaktion auf das Trommeln der Anderen, die sagen, dass sie die Besten, die Größten, die Schnellsten und die Digitalsten sind. Da fühlen wir uns so schon ein bisschen in unserer Ehre gekränkt. Weil da heute Dinge gemacht und gepriesen werden, die wir schon seit Jahren machen und das jetzt halt auch mal sagen wollen.
Das heißt, Sie machen seit Jahrzehnten, was heute zum Beispiel die solarisBank anbietet?
Michael Moschner: Es ist ein wenig anders. Wir fußen auf drei Produktsäulen. Einmal der Ratenkredit, dann das Einlagengeschäft sowie der Zahlungsverkehr. Zum Ratenkredit gehören Varianten wie der Kredit mit Sicherheiten, ohne Sicherheiten, Factoring-Thematiken etc. Der Zahlungsverkehr – nicht zuletzt durch die PSD2 – wird immer interessanter für Banken, aber auch für FinTech-Unternehmen. In diesen Markt sind wir auch eingestiegen und finden dort auch sehr interessante Kooperationen.
Was uns möglicherweise unterscheidet, ist unsere lange Historie. Wir machen bereits seit 2001 das API-Banking. Wir haben seit über 55 Jahren das Ratenkredit-Geschäft.
Wir haben Mitte der 90er-Jahre angefangen, Score-Karten auf Basis neuronaler Netze zu bauen, haben dementsprechend Datenhistorien zur Bewertung von Kreditrisiken, die im Übrigen sogar IRBA-zertifiziert sind. Das unterscheidet uns.”
Dazu kommen flexible und innovative Systeme, die wir einschalten können. Das haben die anderen ohne Zweifel auch – aber ich denke, wir haben eben eine sehr lange Erfahrung in diesem Bereich. Wir haben diese sehr lange Kredit-Historie für das Kreditgeschäft. Und ja, wir haben 2001 bereits unseren ersten Partner mit einer Schnittstelle aufgeschaltet. Heute nennt man es API-Web-Services und so weiter. Aber damals haben wir tatsächlich schon mit diesen offenen Schnittstellen gearbeitet, als wir als eine der ersten Banken in den Online-Ratenkreditmarkt eingestiegen sind.
Seit Mitte der 1990er Jahre beschäftigt er sich mit dem Bankgeschäft im Internet. Dabei spezialisierte er sich vor allem auf den effizienten Einsatz modularer Prozesse im Kredit- und Einlagenbereich sowie die stetige Weiterentwicklung der Bedienfreundlichkeit sämtlicher Systeme. Nach der Ausbildung zum Bankkaufmann machte er seine erste Station bei der netbank AG. Dort baute er das Konto- und Kartengeschäft auf und entwickelte das Kreditgeschäft entscheidend weiter.
Sie erwähnten vorhin die PSD2. Was planen Sie denn da?
Ulf Meyer: Die PSD2 unterstützt uns im Wesentlichen bei der Kreditprüfung. Das kennen Sie, wenn sie auf einer Kreditantragstrecke beispielsweise nur noch Kontonummer und PIN einzugeben haben und der Kunde uns die Möglichkeit gibt, auf seine Umsätze zuzugreifen. Dort haben wir eben die Chance, eine schnelle Haushalts-Rechnung zu machen. Der Kunde spart sich die Eingabe der Daten, spart sich möglicherweise die Übersendung von Kontoauszügen et cetera. In diesem Bereich entstehen auch gerade ganz interessante FinTechs, die genau dieses machen und die vielleicht auch im Kontowechselbereich oder im Zahlungsverkehr unterwegs sein werden.
Das klingt nach Analytics. Planen Sie mehr Kundenservice im Sinn von den Kunden Tipps zu geben? Also als Beispiel die Kontodaten zu durchzuforsten und dann dem Kunden mitzuteilen, dass er weniger für seine Stromrechnung zahlen könnte?
Michael Moschner: Das ist ein Anwendungsfall – aber wir wissen nicht, ob das die Aufgabe von uns ist – als Bank. Aber wir können uns das sehr gut in Zusammenarbeit mit Partnern vorstellen. Es muss eine gewisse Seriosität haben.
Es nützt nichts, wenn der Kunde alle drei Tage gesagt bekommt, dass er die Leistung woanders billiger bekommt.”
Sie sprachen von Partnern, mit denen sie das machen – sind das FinTechs?
Michael Moschner: Ja.
Welche FinTechs haben Sie da im Visier?
Michael Moschner: Einige. Unserer Philosophie ist: Jeder sollte das machen, was er am besten kann. Deswegen haben wir – nur als Beispiel – jemanden, der für uns Briefe ausdruckt, Briefmarken auf den Brief klebt und versendet. Das können andere besser als wir. Und genauso gibt es in diesem Bereich der FinTechs Partner, die sehr gute Lösungen haben. Die sehr gute Ideen haben, bei denen wir der Meinung sind, dass auch ein Geschäftsmodell dahinter steckt.
Das ist das größte Problem, was wir momentan in der FinTech-Szene sehen: Da sind tolle Ideen – aber wenn man ein Geschäftsmodell hinterfragt (außer es ist eine Exit-Strategie), ist da selten etwas.”
Ulf Meyer: Und wir sehen viele Startups in diesem Bereich. Wir haben eben über den Bereich Payment gesprochen. Also die ‘Du überweist mir einen Kleinstbetrag – ich überweise Dir einen Kleinstbetrag – die Pizza haben wir uns geteilt’. Das ist vielleicht alles interessant, aber das echte Geschäftsmodell dahinter sehen wir noch nicht. Insbesondere weil Volks- und Raiffeisenbanken und Sparkassen ähnliche Lösungen über ihre Apps zum Teil schon anbieten oder planen.
Michael Moschner: Die Frage ist auch das Thema App. Ist es wirklich so, dass der Kunde das will? Oder will er es eigentlich nicht? Nehmen wir das Beispiel Kredit. Wir haben uns bei unserem Couchkredit gegen eine App entschieden, weil wir gesagt haben ‘Wenn der Kunde den Wunsch hat, etwas zu kaufen, dann hat er dabei nicht einfach nur den Wunsch, bei uns einen Kredit zu nehmen – sondern er hat den Wunsch, etwas zu kaufen und sich dafür einen Kredit zu nehmen. Er muss dann nicht erst eine App runterladen, die er im Zweifelsfall nie mehr nutzen wird – bzw. erst wenn der Kredit zurückgezahlt ist. Also muss man da die Kirche im Dorf lassen und nicht jeden Trend mitmachen.
Unsere Philosophie und unsere Gedanken gehen da vom Couchkredit ein Stück weiter. Wir haben mit dem Couchkredit den Kredit relativ nah ans Produkt gebracht und verfolgen die Überlegung noch etwas weiter:
Zahlungsverkehr und Kredit werden zusammenwachsen und eine Bedeutung erhalten, die Richtung Kreditkartenwelt geht.”
Während dieser Zeit zeichnete er sich u.a. verantwortlich für den Ausbau der Kreditentscheidungs- und Bestandsbewertungssysteme mittels Neuronaler Netze bzw. Scorekarten, für die Einführung des Passivgeschäftes und der Kfz-Finanzierungen.
Verständlich, dass Sie Ihre Pläne noch nicht offenlegen möchten. Also direkt zur nächsten Frage: Wie schwierig ist es für Sie, die passenden Leute zu finden?
Michael Moschner: Bingen ist nicht gerade der Nabel der Welt. Das bedeutet zwar – wir sind in der Nähe vom Rhein-Main-Gebiet in der Nähe von Frankfurt. Aber es wird immer schwieriger, gute Leute zu bekommen. Das ist aber in Zeiten der quasi Vollbeschäftigung immer so.
Was müssen Ihre Leute an Grundvoraussetzung mitbringen?
Ulf Meyer: Eine Grundhaltung zur Kundenorientierung ist wichtig. Das Durchschnittsalter liegt in einigen Abteilungen deutlich unter 30 Jahren. Das sind Leute, die mit diesen ganzen Mobile-Themen umgehen. Die kommunizieren nicht mehr über klassische E-Mails, sondern die kommunizieren über andere Wege. Und das sind Leute, die uns guten Input geben können, wie wir unsere Produkte und unsere Prozesse verbessern können.
Die große Frage hier im Haus ist: ‘Wie kommuniziert der Kunde in fünf Jahren mit uns?’ Wird das die E-Mail sein – wird er immer noch anrufen? Wir hatten z. B. bereits 2003 einen Chat auf unserer Internetseite integriert und haben das aber schon 2004 wieder eingestellt, weil er einfach seiner Zeit voraus war. Den Chat nutzten meist nur Wettbewerber, die Fragen gestellt haben – und wir haben geantwortet. Und das war es dann am Ende des Tages. Durch die ganze mobile Nutzung in der Bahn, im Bus und überall bekommt dieser Chat nun eine ganz neue Dynamik. Wir sind jetzt gerade dabei und haben wieder eine Chat-Funktion auf unsere Webseite eingestellt.
Wie kommunizieren die Kunden in Zukunft mit einer Bank?
Ulf Meyer: Da helfen uns die vielen jungen Mitarbeiter hier. Die setzen sich abends nicht mehr an ihren Schreibtisch, machen das Lämpchen an, fahren den Desktop hoch und sagen ‘Jetzt schreibe ich eine E-Mail an meine Bank’. Sondern die sitzen in der Bahn und im Bus und schreiben über ganz andere Kommunikationskanäle. Vielleicht haben die auch gar keine Lust anzurufen, sondern chatten dann einfach – über welches Medium auch immer.
Michael Moschner: Das betrifft hauptsächlich den Bereich der Kreditvergabe. Wir haben natürlich auch die andere Seite, wie schon erwähnt, nämlich die Einlagenseite. Da haben wir auch junge Leute in unserem Team. Aber die können mit der Klientel, die bei uns Einlagen tätigen und die meist deutlich über 50 sind, auch gut umgehen. Das bedeutet: Wir haben je nach den Charakteren die Leute eingesetzt. Und das funktioniert hervorragend. Sie arbeiten miteinander und untereinander, wenn Not an Frau oder Mann ist. Da tauscht man sich aus. Und das ist, glaube ich, das Arbeiten, was heute angesagt ist, was Spaß macht.
Das klingt jetzt aber schon ein wenig unglaubwürdig.
Michael Moschner: Wissen Sie was? Ihre Reaktion zeigen viele von unseren Partnern, wenn sie das erste Mal zu Gesprächen bei uns sind. Die glauben einem das alles nicht. Sie glauben es nicht, bis sie es bei uns selbst gesehen haben. Erst dann glauben sie das.
Ulf Meyer: Sehen Sie – wir haben es oft mit Projektgruppen oder Projektteams zu tun, die 30 bis 40 Mann stark sind. Wir selber sind aber insgesamt 120 Mitarbeiter. Wir können aber Dinge mit diesen Mitarbeitern äußerst effizient umsetzen. Wir hatten zum Beispiel vor kurzen Besuch einer unserer Partnerbanken. Die haben mehrere zehntausend Mitarbeiter und die sind hier rausgegangen und haben gesagt: “Klasse. Das haben wir nicht erwartet.”
Das liegt auch an unsrer Denke hier: Prozesseffizienz, Digitalisierung, Flexibilität – für verschiedenste Banken, für verschiedenste Ansprüche. Maßgeschneidert. Nichts ‘Out of the Box’, sondern auf deren Ansprüche und Ideen zugeschnitten.
Fallen Sie da als Bank nicht etwas aus dem Rahmen?
Michael Moschner:
Wir sind ein FinTech-Startup mit angeschlossener Bank-Abteilung.”
Ulf Meyer: Wir sind ein FinTech mit 55-jähriger Geschichte. Und an einigen Stellen brauchen auch FinTechs Banken – nämlich da, wo sie ins KWG kommen, da wo sie eine Banklizenz benötigen, da wo sie aufsichtsrechtliche Prozesse benötigen, da wo sie Geldwäschepräventionsthemen benötigen und so weiter. Da unterstützen wir auch gerne FinTechs. Aber FinTechs unterstützen auch uns. Das ist eine Gegenseitigkeit.
Ja , wir fallen da sicher etwas aus dem Rahmen.”
Herr Moschner, Herr Meyer – vielen herzlichen Dank für das spannende Gespräch. aj
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