Wirecard startet Direktbank – und zielt mit dem Plattform-Showcase auf künftige Technologie-Partner
Die ehemalige P2P- und Payment-App boon wandelt sich: mit ‘boon Planet’ startet Wirecard seine eigene NeoBank. Eine Direktbank, die Überraschungen bringen wird, denn Kontoführung & Co. wird nur der Nebenkriegsschauplatz. Es geht um ein System rund um alles, was mit Finanzen zu tun hat (Versicherungen, Loyality, Mobilität, …) und um einen Showcase für künftige Technologie-Partner.M dem neuen ‘boon Planet’ lasse sich in fünf Minuten ein ‘vollumfassendes digitales Bankkonto’ eröffnen – so Wirecard in der Pressemitteilung. Das klingt zunächst mal nur nach einer weiteren NeoBank. Damit hat Wirecard zu Number26-Zeiten schon Erfahrung gesammelt. Nun will man es allerdings selber machen und fährt damit eine Doppelstrategie, wie Claudia Kaub (Produktmanagement boon bei Wirecard) im Interview verrät:
Frau Kaub, boon ist eigentlich eine Payment-Marke – ist der Richtungswechsel zu Banking-Dienstleistungen nun ein Pivot? Wird Wirecard zur Direktbank?
boon ist als Payment-App gestartet, die aber zum Beispiel über P2P-Services schon immer digital Banking-Leistungen mit angeboten hat. Mit boon.Planet bieten wir jetzt ein vollwertiges Girokonto inklusive einer digitalen und physischen Karte.
Viele Mehrwertservices wie Bonuspunkte, das Hinzufügen mehrerer Konten, Versicherungs-Services und die Nutzung von Mobilitäts-Dienstleistungen werden in Zukunft eingeführt.
Wir verwenden also unser vorhandenes Know-how, das wir im Wirecard-Konzern haben, die technische Plattform sowie die Banklizenzen und steigen damit so gesehen ins Direkt-Banking ein.”
Das digitale Banken- und Finanzgeschäft hat so viel Potenzial für alle Marktteilnehmer. Voll-digitale Services stehen immer noch ganz am Anfang. Wir glauben, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um zu zeigen, was technisch im Bereich Banking heute und in der Zukunft möglich ist.
boon.Planet ist ein B2C-Angebot. Aber das ist doch nicht das Technologie-Kerngeschäft von Wirecard?
boon ist das B2C-Angebot von Wirecard. Gleichzeitig ist die App aber auch eine Möglichkeit, um unseren B2B-Kunden zu zeigen, was alles möglich ist, damit sie auf dieser Technologie aufsetzen und eigene Apps auf den Markt bringen können. Dieser B2B2C-Ansatz ist eindeutig Kern der Strategie von Wirecard.
Wer ist die Zielgruppe für boon.Planet?
Alle Nutzer, die modernes, schnelles und voll-digitales Banking per App erleben und künftig auch von weiteren Services wie Versicherungen, Loyalty-Funktionen und Mobilitätsdiensten profitieren möchten.
Warum sollte ein Endkunde zu boon.Planet und nicht zu Yomo gehen?
Was unser Angebot einmalig macht, ist dass wir damit nicht nur die ganze Welt des digitalen Zahlens und Bankings aus einer Hand abbilden, sondern auch weitere Mehrwert-Services anbieten, die deutlich über das hinausgehen, was Nutzer bisher kennen.”
So können Verbraucher aus boon Planet heraus künftig auch ein Taxi bestellen oder öffentliche Fahrradverleihdienste nutzen und gleich bezahlen. Insbesondere geht es also um Services, die Verbrauchern den Alltag erleichtern.
Das heißt, Sie starten jetzt mit einem kleinen Produkt – möchten aber später mit unerwarteten Mehrwerten angreifen?
Wir möchten mit weiteren Mehrwert-Services überzeugen. Finanzprodukte sind nur dann interessant, wenn der Nutzer einen echten Mehrwert erkennt. Darüber werden wir an Reichweite gewinnen.
Nun kranken die Neo-Banken häufig am mangelnden Support und Wachstumsschmerzen. Zum Beispiel erreichen die Kunden ihre Bank nicht. Mit welchem Support möchten Sie verhindern, das Wirecard mit boon.Planet das Gleiche passiert? Wie viele Mitarbeiter setzen Sie derzeit im Support ein?
Unsere Kunden können uns über die Webseite, über unsere Social Media-Kanäle und über die telefonische Hotline 24/7 erreichen. Auch wenn zusätzlich Chatbots zum Einsatz kommen, werden wir den Kunden-Support künftig immer auch im persönlichen Kontakt abbilden, was gerade bei Banking-Services wichtig ist, um Vertrauen und Sicherheit zu bieten. Einige Dutzend Mitarbeiter sind rein mit dem Kundenservice beschäftigt.
Soll boon.Planet auf Deutschland fokussiert bleiben – oder planen Sie größer?
Wir planen selbstverständlich größer. Digitalisierung ist nie auf Ländergrenzen beschränkt.”
Deutschland ist jetzt unser erster Markt, in dem boon.Planet sowohl für Android als auch für iOS zur Verfügung steht. Wir wollen bald in Europa expandieren und auch in weitere Übersee-Länder, in denen wir Lizenzen besitzen.
Frau Kaub, vielen herzlichen Dank für das Gespräch.aj
Mobility- und Loyality-Lösungen als Treiber, Bezahlen mit Punkten
Neben Payment&Banking biete boon Planet künftig Loyalty-Lösungen: Nutzer können mit jeder Zahlung digitale Prämienpunkte sammeln und das Guthaben für Zahlungen über die App einlösen. Auch sollen Finanzdienstleistungen wie Versicherungen hinzukommen. So können zum Beispiel Produkte, die Nutzer mit boon bezahlen, gleich mitversichert werden. Strategische Partnerschaften mit Mobilitätsanbietern seien wie erwähnt ebenfalls geplant, die beispielsweise Verkehrs-Apps direkt in boon Planet integrieren. So könnten Verbraucher künftig aus boon Planet heraus ein Taxi bestellen oder öffentliche Fahrradverleihdienste nutzen und gleich zahlen.
boon basiert vom Front- bis zum Backend auf der Wirecard Financial Commerce Plattform und ist das B2C-Produkt des Konzerns. boon sei eine vollständige White-Label- oder Co-Branded-Lösung für bestehende und zukünftige Corporate-Partner von Wirecard einsetzbar.
boon Planet ist ab sofort für alle Android-Nutzer in Deutschland erhältlich (Website). Alle iOS-User können die Lösung ebenfalls demnächst downloaden. Ein Web-Frontend gibt es hingegen nicht. Sollten die Kunden aber danach verlangen – heißt es von Wirecard – werde man auch das liefern.aj
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