Wie nachhaltig sind Kryptowährungen – und was sind die Alternativen zum Bitcoin?
Die Diskussion um den Energieverbrauch bei Kryptowährungen ist nicht neu, doch sie muss geführt werden. Denn noch immer basieren die beiden größten Währungen auf energieintensivem Proof-of-Work-Verfahren, auch wenn der Trend zu Proof-of-Stake geht. Die zunehmend auf Kryptothemen spezialisierte Sutor Bank hat das einmal analysiert – und auch untersucht, welche Kryptowährungen wirklich krisenfest sind.
Der Bitcoin stand kürzlich wegen seines hohen Stromverbrauchs kurz vor einem Verbot in der EU. Das Verbot wird aller Wahrscheinlichkeit nach nicht kommen, aber die Diskussion um Kryptowährungen, die mit dem energiehungrigen Proof-of-Work arbeiten, wird mit Recht bleiben. Dabei arbeiten heute schon die wenigsten der Top-50-Kryptowährungen mit diesem Konsensmechanismus. Doch mit Bitcoin und Ether basieren die beiden größten Währungen auf diesem Verfahren – und diese stellen zwischen 65 und 70 Prozent der Marktkapitalisierung (die Ethereum-Ableitungen nicht mitgerechnet). Gibt es auch nachhaltigere Kryptowährungen? Ja, sagt die Sutor Bank nach einer Analyse der Top-50-Währungen.Von den 50 Kryptowährungen mit der höchsten Marktkapitalisierung handelt es sich bei 33 um native Coins mit eigener Blockchain. Sieben davon arbeiten mit dem energiehungrigen Proof-of-Work-Verfahren (PoW), 21 nutzen Proof-of-Stake-Ansätze (PoS), fünf verwenden andere Mechanismen. Dazu kommen 15 Währungen, die als ERC20-Token auf der Ethereum-Blockchain aufbauen und so mittelbar auch den Proof-of-Work nutzen. Unter den Top-10 nutzen nur zwei Proof-of-Work. „Dabei handelt es sich aber um Bitcoin und Ether, die beiden größten Währungen, die zusammen für rund zwei Drittel der gesamten Marktkapitalisierung stehen“, erklärt Hartmut Giesen, Kryptoexperte bei der Sutor Bank.
Diskurs über Energiebedarf und Nachhaltigkeit wird bleiben
Derzeit arbeitet die EU an der Regulierung des Kryptobereichs, der „Markets in Crypto-Assets Regulation“ oder kurz MiCA. Neben vielen anderen Themen wurde im zuständigen Ausschuss auch ein Entwurf diskutiert, der ein Quasi-Verbot von Kryptowährungen, deren Konsensmechanismus auf dem Proof-of-Work basiert, bedeutet hätte. „In der entscheidenden Abstimmung wurde der Passus herausgenommen“, sagt Giesen. „Aber die Diskussion über Energieverbrauch bleibt.“
Denn je nach Quelle verbraucht etwa Bitcoin auf Jahresbasis rund 204,5 TWh Strom (Bitcoin Energy Consumption Index, Digiconomist), Ether rund 112,14 TWh (Ethereum Energy Consumption Index, Digiconomist). Der Cambridge Bitcoin Electricity Consumption Index schätzt den annualisierten Verbrauch auf zwischen 52,84 TWh und 339,09 TwH, am wahrscheinlichsten um die 137,67 TWh. Zum Vergleich: Die Digiconomist-Werte entsprechen ungefähr der Produktionsmenge aller französischen Atomkraftwerke, der Bruttostromverbrauch in Deutschland lag 2021 bei 565 TWh.
Auch wenn die Schätzung der Stromverbräuche schwierig und ungenau ist, wird doch klar, dass sehr viel Energie in die Kryptowährungen geht.“
Hartmut Giesen, Kryptoexperte bei der Sutor Bank
Was Proof-of-Work von Proof-of-Stake unterscheidet
Das liegt vor allem an der technischen Lösung und der Ausgestaltung der Konsensmechanismen. Diese verifizieren in dezentralen Blockchain-Netzwerken die Transaktionen, also etwa die Übertragung von Krypto-Währungseinheiten zwischen den Teilnehmern. Zum Einsatz kommen bei diesen Mechanismen Miner, die dafür eine Belohnung in der jeweiligen Blockchain-Währung erhalten. Jede Blockchain hat ein Verfahren, um die Miner herauszusuchen, die die Transaktionen verifizieren dürfen und damit die Belohnung erhalten. Die beiden Hauptverfahren dafür sind Proof-of-Work und Proof-of-Stake.
Im Rahmen von Proof-of-Work werden die Miner in einer Art Leistungsnachweis von Rechenaufwand der Miner-Computer ermittelt. Wer als erstes ein (zunehmend komplexeres) mathematisches Rätsel löst, kann die Transaktionen in einem Block verifizieren und erhält dafür die Belohnung. Das Wettrechnen der Computer ist für den hohen Stromverbrauch verantwortlich. Gleichzeitig wird genau durch diesen hohen Stromverbrauch die Blockchain sicher gemacht. Um sie zu hacken, müssten unendliche Mengen an Strom eingesetzt werden, was dieses Unternehmen unmöglich oder unrentabel, da teuer, macht.
Beim Proof-of-Stake werden dagegen die Miner vereinfacht dadurch identifiziert, wer über die größte Menge der jeweiligen Blockchain-Währung verfügt. Verbunden damit sind meist weitere Prozesse, die den Proof-of-Stake verfeinern, um ihn sicherer oder schneller zu machen. Die Idee hinter dem Proof-of-Stake ist, dass diejenigen mit den meisten Assets das größte Interesse daran haben, die Blockchain-Integrität zu bewahren. Allerdings werden hierdurch die Prinzipien der Dezentralität verletzt. Originäre Konsensmechanismen haben nur native Coins, also Kryptowährungseinheiten, die direkt von Blockhains erzeugt werden. Viele Kryptowährungen haben dagegen keine eigene Blockchain, sondern siedeln sich auf einer Basis-Blockchain an. Die häufigsten in diesem Sinne sind ERC20-Token, die per Ethereum-Blockchain kommen.
Zukunft gehört den nachhaltigeren Kryptolösungen
Schon heute arbeitet die Mehrheit der Blockchains mit dem Proof-of Stake-Verfahren. „In diese Richtung geht auch ganz klar die Entwicklung“, sagt Giesen. „Stromintensive Verfahren werden kaum noch neu auf den Markt kommen.“ Während Ethereum derzeit an seiner Umstellung auf PoS arbeitet, was einen starken Rückgang des Gesamtstromverbrauchs bedeutet, wird Bitcoin höchstwahrscheinlich weiter als einzige relevante Währung dauerhaft auf PoW setzen.
Dabei gibt es mehrere Entwicklungsstränge, auch Proof-of-Work-Währungen nachhaltiger zu gestalten: So könnte durch gezielte Steuerung die Nutzung regenerativer Energien beim Bitcoin-Mining vorangetrieben werden, auch Ansätze für den Bitcoin als Verwendungszweck für nicht verwert- oder speicherbare regenerative Energie sind denkbar. Bereits heute zum Einsatz kommen Verfahren, die die Zahl der Onchain-Transaktionen verringern. Second-Level-Protokolle wie Lightning oder Konzepte wie Netting, Internalisierung und Pooling, bei denen nicht jede einzelne Transaktion auf die Blockchain geschrieben werden, reduzieren den Energiebedarf beträchtlich.
Neue Blockchains werden nur mit energieschonenden Konsensmechanismen entstehen. Eventuell kommt dann noch ein Bitcoin-Killer, der die Sicherheit, Integrität und Dezentralisierung der Bitcoin-Blockchain mit weniger Energieverbrauch und höherer Performance verbindet – auch wenn das aus heutiger Sicht eher schwer vorstellbar ist.“
Hartmut Giesen, Kryptoexperte bei der Sutor Banktw
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